14. September bis 25. Oktober 2017
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Karl-Heinz Bastian, Marie-Luise Heller, Günther Hornig
Eröffnung: 13. September 2017, 18:00 Uhr
Mehr Öffnung, mehr Licht, Luft und Leichtigkeit – hatten die Künstlerinnen und Künstler der Moderne versucht, die Malerei mit den ihr eigenen Mitteln zu erweitern, gingen Marie-Luise Heller und Günther Hornig in den 1970er Jahren einen Schritt weiter. Sie traten heraus aus der gerahmten, flachen Farbschicht des Gemäldes in den tatsächlichen Raum. Ihre Reliefobjekte, durchscheinende Strukturen und Materialschichtungen erlösen die bildnerische Form und ihre Farbigkeit der dienenden Funktion, die Dinge der Umwelt bloß zu repräsentieren und ließen sie selbst zu Protagonisten werden auf der Bühne des euklidischen Raumes. Dabei brachen sie auf ihre Weise nicht nur mit den Konventionen einer tradierten Sprache der Kunst, sie sind auch Solitäre in ihren eigenen Sphären: Marie-Luise Heller als Künstlerin in einer von Männern dominierten Kunstwelt im Westdeutschland der 1970er Jahre und Günther Hornig als Dozent für Bühnenbild im ostdeutschen Dresden. Für beide war nicht der Erfolg und die Anerkennung in einer offiziell besprochenen und beachteten Kunstwelt in West- wie auch in Ostdeutschland die Triebfeder ihres Schaffens, sondern die Neugier am großen Experiment, die Grenzen Malerei Schritt um Schritt zu erweitern.
Zum ersten Mal zeigt die Galerie object40 in Berlin einen Überblick von Günther Hornigs frühen „Materialbildern“ und seine späten farb- und raumexperimentellen Werke sowie die große Vielfalt der „dia objekte“ Marie-Luise Hellers aus den 1970er Jahren. Ihre Werke wird flankiert von den abstrakt-geometrischen Malerei Karl-Heinz Bastian.
Marie-Luise Heller (1918–2009) montierte in ihrer Werkserie „dia objekte“, die zu dem Hauptwerk der Künstlerin zählt, quadratische, klare Plexiglasflächen im Abstand von wenigen Zentimetern. Auf diese sind reduzierte, an der Konkreten Kunst bzw. Hard Edge orientierte Farbformen in einer seriellen Reihung aufgebracht. Die hintereinander angeordneten Formen verschieben sich je nach Blickwinkel des Betrachters und führen zu immer neuen Anordnungen. Die auf den ersten Blick einfache Form wird dadurch vielfach potenziert. Eine Erweiterung erfahren die Werke auch durch ihren Aufstellungsraum. Die Diaphantität der Oberfläche, also das Durchscheinen der klaren Plexiglasscheibe, aber auch in verschiedenen Abstufen die Farbschicht selbst, vermischt die Sphären der Wahrnehmung von Kunst und der des Raums und seiner Gegenstände.
Günther Hornigs (1942–2016) bildkünstlerisches Spielfeld ist eigentlich die Bühne, jedoch weniger das Schauspiel, sondern die Bühne als utopischer Bildraum. Er begann 1954 als Theatermaler in Halle (Saale), lehrte später Bühnenbild (1968–1988) und Malerei und Grafik an der HfBK Dresden (1993–2002). In seinem Werk durchdringen sich stets die Bereiche der Malerei und der Erweiterung des Malerischen im Raum. Zwar orientieren sich seine Farb- und Formenelemente am Konstruktivismus, durch seine Raum- und Materialexperimente überführt er aber seine strenge Absicht in den Bereich des Spontanen und Spielerischen. Deshalb brechen sie gelegentlich auch die Erwartungen an ein Bild, besonders mit seinen sogenannten Materialbildern (1970er / 1980er Jahre). An geometrischen Formen erwachsen hier Strukturen aus Farbe und Lack, oder es bevölkern kristalline Schichten geometrische Nischen. Mitte der 1980er Jahre reduziert Hornig die Plastizität der Materialschicht und führt den plastischen Raum in illusionistische Konstruktionen auf Leinwänden weiter.
Karl-Heinz Bastian (geb. 1938) kann man nur auf den ersten Blick als Konkreten Maler betrachten, denn seine Bildkonstruktionen sind der Formensprache Theo van Doesburgs, Max Bills oder auch Peter Paul Lohse nur ähnlich. Seine Erweiterung des abstrakt-konstruktivistischer Feldes liegt in der malerischen Bearbeitung der Fläche, denn nur scheinbar sind Geometrien und klare Kompositionen das Hauptthema seiner Bilder. Aus der Nähe betrachtet eröffnen sich Verschiebungen, Verläufe und nuancierte Farbenspiele, die das Spektrum die Tiefenwirkung der Farbhaut in altmeisterlicher Perfektion vorführen.